FAZ-Redakteur macht Stress, weil ZDF-Moderator differenziert

Journalismus

Pervertierte Panik-Polemik?

FAZ-Redakteur Michael Hanfeld macht Stress, weil ZDF-Moderator Mitri Sirin im Morgenmagazin differenziert zum Thema sexualisierte Gewalt nachfragt. Prompt bricht ein rechtsreaktionärer Shirtstorm los. Text: Robert Niedermeier, Foto: Screenshot ZDF-Mediathek

Im Zuge der teils hysterisch geführten Debatte über sexualisierte Gewalt am Kölner Hauptbahnhof geraten Journalisten* in Stresssituationen. Der Moderator des ZDF-Morgenmagazins sieht sich am Sonntag genötigt, auf Facebook klarzustellen, dass er kein Lügner sei. Offenbar trollten FB-Userinnen* Mitri Sirins Facebook-Seite mit harschen Vorwürfen. Aufgestachelt aufgrund eines Kommentars in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Dort attestiert Kultur-Redakteur Michael Hanfeld dem Moderator mit syrisch-türkischer Abstammung “Das Gegenteil von Journalismus”. Anlass für Hanfelds Verriss ist ein Fernsehgespräch zwischen Mitri Sirin und der Feministin Anne Wizorek am 7. Januar 2016. Tenor des Interviews: Sexualisierte Gewalt sei ein gesamtgesellschaftliches Problem. Das Thema solle deshalb nicht rassistisch motiviert instrumentalisiert werden. Kritik äußert Wizorek im ZDF-MoMA-Interview unter anderem an CDU-Politiker Jens Spahn und der Islam- und Prostitutierten-Gegnerin Alice Schwarzer, da beide gruppenbezogene Ressentiments schürten.

Journalist evoziert Shitstorm gegen Journalisten

Faz-Redakteur Hanfeld schloss daraus in seinem reißerischen FAZ-Kommentar: “Experten dürfen im Interview nicht von Flüchtlingen sprechen, Moderatoren tun Polizeiaussagen als „wahrscheinlich letztlich Klischees“ ab: Wie der Rundfunk mit der Silvesternacht von Köln umgeht, ist das Gegenteil von Journalismus.” Explizit unterstellt Hanfeld dem ZDF-Mitarbeiter Sirin journalistisches Versagen, da er zuließ, dass die “Netzfeministin” die Straftaten zu Silvester angeblich “relativierte”. Schnell brach der Shitsorm los.

Kritik an Rassismus-Kritik stößt bei Rechtsradikalen auf Anklang

Denn Hanfeld trifft mit seiner Reaktion gezielt den Nerv von rechten Lügenpresse-Rufern, Rassisten und “Besorgten Bürgern”. Daraufhin wirft die FB-Meute dem ZDF-Moderator u.a. vor, er heiße Merkels Flüchtlingspolitik gut und trüge deshalb Mitschuld an den sexuellen Übergriffen und Diebstählen in der Silvesternacht am Kölner Hauptbahnhof. Für diese ungeheuerliche Unterstellung seitens durchgeknallter Resonanzkörper brauner Parolen kann der faz-Redakteur freilich wenig. Hanfeld trägt jedoch eine Mitverantwortung, weil er sich selbst vorzuwerfen hat, erneut eine fragwürdige Polemik verfasst zu haben. Nicht die erste wohlgemerkt, die besonders im rechtsreaktionären Milieu auf großen Anklang stößt. Auch diesmal mutierte die auf Empörungsreize getrimmte Kritik an Sexismus- und Rassismuskritik, bis in antidemokratischen Astroturfing-Zirkeln hinein, flugs zur pervertierten Hass-Polemik.

Trotz Häme: ZDF-Moderator Mitri Sirin bewahrt Haltung

Infolgedessen verteidigt sich der ZDF-Moderator am Sonntagmittag (10. Januar 2016) mit einem Facebook-Post: “Aufgrund eines faz.net Artikels von Michael Hanfeld zu meinem Interview mit der Feministin Anne Wizorek am 7.1.http://www.zdf.de/ZDFmediathek#/suche/Anne%20Wizorek
werde ich zur Zeit mit Vorwürfen der Lüge, Verleumdung und Verharmlosung konfrontiert. Dazu möchte ich zuerst alle Kritiker bitten, sich das Interview selber anzuschauen und sollte es mißverständlich wahrgenommen werden, Folgendes klarstellen: Ich verharmlose oder leugne gar nichts!  Persönlich bin ich von den Silvesterübergriffen genauso entsetzt wie jeder vernünftige Mensch. Allerdings sollte man vor Abschluss der Ermittlungen vermeiden, die Übergriffe von Köln politisch zu instrumentalisieren. Nur darum ging es mir und dies ist weiterhin meine Meinung.” Trotz Häme, bewahrt Sirin damit Haltung.

Stimmungsmache mag sehr wohl das Gegenteil von Journalismus sein

Hanfeld indes, ob er das nun wirklich möchte, ist eine andere Frage, funktioniert als Honigtopf für rechtsreaktionäre bis rassistische Flüchtlingskritiker und jener Klientel, die sich von einer Meinungsdiktatur der politisch korrekten Gutmenschen unterdrückt wähnen, aber zuhauf Falschmeldungen vorschnell Glauben schenken, die im Internet rasant Verbreitung finden. Meine Meinung: Wer Stimmung machen möchte, sollte sich als Entertainer versuchen. Theaterdonner ist nun wirklich kein Journalismus.

 

 

P.S. Ich leugne übrigens nicht, dass auch Menschen mit Migrationshintergrund straffällig werden können. Nun ist aber die Kriminalitätsquote unter Bürgern mit eben nicht höher als unter Bürgern ohne Migrationshintergrund, zudem beinhaltet die von Rechtsreaktionären gerne beschworene “Ausländerkriminalität” Straftaten, die einem Nichtmigranten gar nicht angehängt werden können – wie etwa Verstöße gegen das Aufenthaltsrecht etc. Krank finde ich es, wie pervertiert mittlerweile seitens der Fascho-Trolle polemisiert und gezetert wird. Das ist krank, weil es nichts zum Besseren ändert. Gibt keinem Obdachlosen Obdach, bietet keiner schutzbedürftigen Person Schutz, senkt keinesfalls die Kriminalitätsquote, stärkt nicht die polizeiliche Arbeit und baut auch keinen Sexismus ab.

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Robert Niedermeier, Journalist (Reise, Lebensart (Food), Gesellschaft)
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