Je suis Charlie? Nazis scharf auf Märtyrer, Keinen Fußbreit den Faschisten

Widerspruch

Gib Nazis keine Chance

12 Tote in Paris, brutal ermordet von Terroristen, die von den Nachrichtenkanälen als Islamisten identifiziert worden sind, versetzen Europa in Angst. Wut keimt auf. Die Opfer des Zorns sind bereits jetzt die Muslime. Eine Minderheit in Deutschland, die als Bedrohung des Abendlandes wahrgenommen wird. Ich habe auch Angst, Angst davor, dass Faschisten und Nazis die Jagd auf meine Mitbürger und Freunde eröffnen. Text: Robert Niedermeier, Fotos: Virales aus Facebook

„Jede Zivilisation misst sich daran, wie sie mit ihren Minderheiten umgeht“ (Mahatma Gandhi)

Die Charlie Hebdo-Attentäter sind tot, wie geht’s weiter? Die Antworten auf Fragen des Zusammenlebens von Menschen mit unterschiedlichen Weltanschauungen in einer modernen Gesellschaft finden sich nicht in der Theologie, sondern Politik und Soziologie. Das sollten auch glühende Atheisten und sogenannte Islamkritiker einsehen, die sich viel zu stark mit dem Islam beschäftigten, anstatt das reale Umfeld und die sozialen Umstände aufs Korn zu nehmen, die eine Gesellschaft ihren Minoritäten bietet. Wollen wir unsere Demokratie verteidigen, müssen wir unseren Rechtsstaat schützen indem wir zusammen unsere Werte wie Meinungs- und Religionsfreiheit, Toleranz und den sozialen Frieden wahren….

Nun gibt es aber im Abendland ein Rassismus-Problem….. Hier weiterlesen.

Demokratien messen sich nach wie vor daran, wie sich der Umgang mit Minoritäten im Alltag gestaltet. Ich bin schwul, habe jüdische und muslimische Freunde und demonstriere am Montag für ein buntes, weltoffenes, tolerantes, multikulturelles Einwanderungsland Deutschland. Je suis Charlie… (09.01.2015)

Die Spirale aus Hass durchbrechen (07.01.2015) Aiman Mazyek, Vorsitzender des Zentralrats der Muslime in Deutschland, hat Angst: “Diese Tat ist ein Verrat am islamischen Glauben. Dennoch ist zu befürchten, dass der Terror von Paris den anti-islamischen Strömungen in Deutschland Auftrieb gibt. Das ist ja der perfide Plan der Terroristen, sie wollen Zwietracht säen, einen Krieg provozieren zwischen den Religionen.” Die Sorgen, die Ängste des deutschen Moslems sind berechtigt. Doch die infame Reaktion bleibt nicht aus: “Wer sich jetzt um den Islam sorgt, ist wie jemand, der, nachdem ein Vergewaltiger und Frauenmörder zwölf Frauen ermordet hat, sich Sorgen um das Bild der Männer macht. Nachdem Breivik in Oslo gemordet hatte, sorgte sich auch niemand um das Bild Norwegens”, drischt beispielsweise ein gewisser Gerd Buurmann auf seinem Blog ‘Tapfer im Nirgendwo’ mutwillig ins Ackerland der Faschisten ein. Sorry, nehmt es mir nicht übel, dass ich dieses islamophobischen Geschreibsel mit Argwohn betrachte und Parallelen zum rassistischen PI-News-Dünnschiss oder rechtsradikalen JF-Gewichse ausmache. Empörung und Trauer. Selbstverständlich. Aber wer die barbarische Tat missbraucht und meint, eine ganze Menschengruppe quasi für vogelfrei erklären zu dürfen, macht sich zum Mittäter im Geiste, macht mit beim Spalten und beim “Zwietracht säen”.

Vom Morgen- bis zum Abendland: Weltweite Solidarität – #JeSuisCharlie

Durchgeknallte Islamhasser: Nazis rufen zum Aufstand aller Europäer auf

Antimuslimische Hetze von Pegidaverstehern

Antimuslimische Hetze von Pegidaverstehern

Wut macht sich breit aufgrund des unterm Deckmantel des Islams verbrochenen Gräueltat von Paris. Das ist das Problem: Wut macht doof, schaltet das Denkvermögen aus, lässt den Mob toben und die Hetzer von AfD, NPD, Die Rechte oder CSU frohlocken. “Mit Tränen in den Augen und Schaum vor dem Mund, lässt es sich schlecht debattieren”, sagte einmal Sascha Lobo in einer Talkshow. Mehr noch: Im politischen Diskurs ist Wut gar mörderisch. Neonazis trollten Mittwoch wie die Berserker im SoMe. Zum Aufstand aller Europäer gegen den Islam wurde aufgerufen. In Frankreich kommt es zu Anschlägen und Übergriffen auf Moslems und ihre Einrichtungen. Widerspruch regte sich kaum. Trauer als Vehikel der Legitimation faschistischer Hetze und Gewalt. Das ist infam.

Broder, Schwarzer oder Kissler & die Deutschisten der Pegida

Es passiert das, wovor die neue SPD-Generalsekretärin am Mittwoch via Facebook warnt: “Diese Trauer und diesen Zorn teilen alle Bürgerinnen und Bürger angesichts dieser Tat, gleich welchen Glaubens. Niemand sollte deshalb den Terroranschlag instrumentalisieren, um neuen Hass zu säen. In dieser Stunde müssen alle zusammen stehen um gegen Hass und Gewalt aufzustehen. Wir trauern gemeinsam um die Opfer dieses unmenschlichen Anschlags”,  schreibt Yasmin Fahimi. Ich persönlich gehe etwas weiter und warne davor, sich mit Nazis gemein zu machen, die ähnlich wie Islamofaschisten rattig auf Märtyrer sind. Die Opfer des brutalen Anschlags auf die Charlie Hebdo-Macher werden durch die Vereinnahmung der Hater von rechts, posthum ein weiteres Mal zum Opfer gemacht, sie fallen den sogenannten Islamkritikern wie Broder, Schwarzer oder Kissler, den Deutschisten der Pegida, üblen Rechtspopulisten, gemeinen Faschos und Nazis ohne oder mit Nadelstreifen zum Opfer. (Weiland die CSU über die Einschränkung der Bürgerrechte – Rückkehr zur Voratsdatenspeicherung –  schwadroniert.) Sie alle werden den Tod der Journalisten und Redaktionsmitarbeiter regelrecht ausschlachten. Die einen mehr, die anderen weniger handwerklich geschickt.

Je suis Charlie: Aber niemals an der Seite von Pegidaverstehern

"Je suis Charlie" - mit dem Zeichenstift gegen den Terror

“Je suis Charlie” – mit dem Zeichenstift gegen den Terror

Nein, ich lasse mich nicht von angebräunten und braunen Elementen instrumentalisieren. Niemand sollte das tun, das wäre ein ein Fehler, den hat bereits der Chefredakteur der französischen Satire-Zeitschrift begangen als er 2011 ausgerechnet dem rechtsextremen Wochenblatt “Junge Freiheit” für ein Interview zur Verfügung stand. Natürlich ließ das “neurechte” Wochenblatt es sich nicht nehmen am Tag des Entsetzens über den mörderischen Angriff auf die Presse- und Meinungsfreiheit damit zu prahlen, ein Interview mit dem Charlie-Chefredakteur geführt zu haben. Ähnlich geschmacklos: Neonazis und Rechtspopulisten vereinnahmen die 12 ermordeten Verlagsmitarbeiter und Polizisten als Märtyrer ihres “christlichen Abendlandes”. Die Pegida-Pilgerinnen, die gestern noch Lügenpresse kreischten, spielen sich heute als Verteidiger der Pressefreiheit auf. Am Brandenburger Tor versammelten sich Mittwochabend Menschen in Trauer. Ich hoffe, sie lassen sich nicht vor dem Karren der perfiden Menschenhasser spannen. Ich hoffe, sie haben von dem mutigen Berliner aus Tel Aviv gehört, der nach einem Angriff auf seine Person in einem SZ-Interview sagt: “Juden hassen ist aus der Mode gekommen, also beruft man sich auf das Judentum und nimmt sich jetzt die Muslime vor.” Der Zitierte wurde Opfer von antisemitisch motivierte Gewalt, die von arabisch-türkisch sprechenden Männern ausging. Trotzdem ist der Israeli besonnen und mahnt zum Frieden, wehrt sich gegen Versuche von Islamhassern und Rassisten, seine Gewalterfahrung für ihren Groll zu instrumentalisieren. Nehmt euch Shahak Shapira zum Vorbild und jagt die Pegida-Versteher vom Spielfeld der politischen Auseinandersetzung damit die “Mitte der Gesellschaft” nicht entgleist.

Keinen Fußbreit den Faschisten: Solidarisch gegen den Terror

99.98 Prozent der Menschen in Deutschland muslimischen Glaubens oder Prägung sind meine Freunde. Alle Faschisten sind die Feinde unserer pluralistisch und demokratisch verfassten Gesellschaft. Meine Trauer gilt deshalb allen Opfern des schrecklichen Ereignisses vom 07. Januar 2015. Es stimmt mich traurig, dass heute alle Moslems Opfer der nun grassierenden Hysterie geworden sind (Terror, der Muslime doppelt trifft). Bitte, wehret den Anfängen. Auch in der Trauer, die uns solidarisch gegen den Terror von theo- und politfaschistischer Seite zusammenrücken lassen muss, gilt: Keinen Fußbreit den Faschisten. Gebt dem rechten Deutschisten-Rand von der zutiefst heuchlerischen Pegida-Front keine Chance. Ihre braune Saat darf nicht aufgehen – nie wieder.

 

Doch ausgerechnet der Chefredakteur einer Schwulenzeitschrift (Männer) stimmt mit ein im Chor der Pegida-Versteher – unfassbar peinlich.

Ein israelischer in Berlin lebender Jude, der von antisemitischen “arabisch-türkisch aussehenden” Leuten angegriffen wurde und sich gegen die Instrumentalisierung durch Rechtsextreme wehrt, schreibt, “Fuck off Pegida”, doch ein schwuler Katholik wie Dr. David Berger, der sich von einer imaginären Bosniergang bedroht fühlt, attestiert Pegida-Kritikern ein “Vollkoma”. Unterschiedliche Einstellungen, die wiederum nichts mit der Religion zu tun haben. Was beide unterscheidet ist nicht religiös, sondern politisch bedingt.
P.S. 09.01. 2015, 23.17 Uhr:
Im ZDF-Heute Journal weist Moderator Kleber daraufhin, dass bei Breivik kein Muslim von Christen gefordert hat, sich von dem “Kreuzritter”, der über 70 Menschen hinmetzelte, aktiv zu distanzieren.


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Robert Niedermeier, Journalist (Reise, Lebensart (Food), Gesellschaft)
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4 Responses to Je suis Charlie? Nazis scharf auf Märtyrer, Keinen Fußbreit den Faschisten

  1. Hans sagt:

    “Diese Trauer und diesen Zorn teilen alle Bürgerinnen und Bürger angesichts dieser Tat, gleich welchen Glaubens. Niemand sollte deshalb den Terroranschlag instrumentalisieren, um neuen Hass zu säen. In dieser Stunde müssen alle zusammen stehen um gegen Hass und Gewalt aufzustehen. Wir trauern gemeinsam um die Opfer dieses unmenschlichen Anschlags”, schreibt Yasmin Fahimi. Ich persönlich gehe etwas weiter und warne davor, sich mit Nazis gemein zu machen, die ähnlich wie Islamofaschisten rattig auf Märtyrer sind.

    Ja? Dann sollten sie vielleicht auch darauf verzichten diesen widerlichen Aufruf hier zu wiederholen – und wenn, dann auf jeden Fall nicht so prominent, dass jeder der den Artikel zitiert genau dieses Bild verbreitet. Eine bessere Werbung fuer ihren Hass koennen sich die nicht wuenschen.

    • Reiserobby sagt:

      Wiederhole keinen Naziaufruf, sondern dokumentiere anhand des auf Facebook verbreiteten Bildchens die widerlich heuchlerische Logik der Hoygida- und Pegida-Anhänger sowie anderen Faschos, Rechtspopulisten, Rassisten und Nazis.

  2. Reiserobby sagt:

    Apropos Alice Schwarzer: “Wir Freundinnen mussten allerdings immer wieder mal diese oder jene Hand, die sich dreist auf unseren Hintern legte oder unserem Busen näherte, energisch wegschieben. Doch wir hatten das im Griff. Denn diese scheinbar so rauen Jungs waren in Wahrheit alle feinfühlig und hochsensibel.” (Alice Schwarzer aus Paris über das Attentat auf die Charlie Hebdo-Redaktion bei dem gestern zwölf Menschen ermordet worden sind.)
    http://www.aliceschwarzer.de/artikel/alice-schwarzer-aus-paris-ueber-das-attentat-318253

    Mehr über die Pegida-Versteherin in der taz: http://www.taz.de/!152390/

  3. Reiserobby sagt:

    christlicher Horror – mal zum googlen: Ku-Klux-Klan, Aryan Nations, die Lord’s Resistance Army wurde schon genannt, God’s Army in Myanmar, die Anti-Balaka in Zentralafrika, die Army of God und James Charles Kopp…

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