Der Vorwurf lautet: Moslems griffen Schwule häufiger körperlich an als Nichtmoslems. Dafür gibt es keine Belege. Wahr ist, dass es in Sozialen Brennpunkten häufiger zu Gewaltdelikten kommt als woanders. Für Schwule ist das Risiko in gewissen Vierteln von Rostock genauso hoch wie in Duisburg. Obwohl in Duisburg weitaus mehr muslimisch geprägte Menschen leben als im Nordosten der Republik. Berlin liegt in der schwulen Maneo-Kriminalitäts-Statistik an dritter Stelle. Beleidigungen und unflätige Bemerkungen sind in die Gesamtzahlen mit eingeflossen. Nebenbei bemerkt. In Berlin wird jeder unflätig schräg angemacht. Das gehört hier zum Sprachgebrauch. Aber der Kommentator auf Queer.de behauptet, Moslems griffen Schwule stets körperlich an, andere würden lediglich mal ein bisschen diskriminieren. Das ist rassistischer Dung.
In der bundesweit einheitlichen Kriminalitätsstatistik der Polizei tauchen diese Zahlen nicht gesondert auf, doch viele Gruppen und Antigewaltprojekte sammeln Zahlen, auch das Archiv Justiz des Schwulen Museum gibt keine Hinweise für die generalverdächtigende These her, das Moslems in Deutschlands, immer gemessen am Bevölkerungsanteil, gefährlicher für Leib und Leben von Lesben und Schwulen seien als Christen, Juden oder Nichtgläubige. “Mordfälle an Schwulen würden “extrem grausam verübt”, so der Archivar. Die gute Nachricht ist, dass die Mordrate gesunken ist: “Waren es Ende der 1980er Jahre noch 30 Tötungsdelikte, sind es heute nur noch fünf pro Jahr”, sagt Dobler, fügt jedoch an: “Die allgemeine Gewalt gegen Schwule hat kaum abgenommen. Ständig gibt es Meldungen über Überfälle.” Das Motiv: Hass auf Homos. Einem besonders hohen Risiko sind Männer-Pärchen ausgesetzt, wenn sie in der Öffentlichkeit Händchen halten oder Zärtlichkeiten austauschen. Sie werden zumeist in aller Öffentlichkeit von Tätern zur Zielscheibe erklärt, beschimpft, geschlagen und getreten.”, schrieb ich am 25.10.2014 für Queer.de über das Mord- und Totschlag-Archiv im Berliner Schwulen* Museum.
Für Berlin gilt: Dort, wo nahezu keine Muslime wohnen (Friedrichshain, Lichtenberg, Hohenschönhausen) ist der Anteil schwuler Gewaltopfer höher als etwa im laut designiertem Ex-Bürgermeister B. drohenden “Gottesstaat” Neukölln.
Bundesweites Beispiel: In Rostock fallen prozentual gemessen an der Gesamtbevölkerung mehr Schwule homofeindlich motivierter Gewalt zum Opfer als in Berlin, wo im Gegensatz zu Rostock eine große lebendige muslimische Gemeinde existiert. Das sehr katholische Aachen hat die Nase in allen Kategorien vorne, auch was Raub, Erpressung sowie Nötigung betrifft. Aber wir reden ja von Gewalt gegen LSBTIQ, die angeblich im besonderen Maße von Muslimen ausginge. Das ist nach allen Erkenntnissen eine Falschbehauptung. Stöbert euch aber mal selbst einmal unvoreingenommen durch die Umstrittene Maneo-Umfrage 2007. Danke.
Die Zahlen von Maneo, das hat der Journalist Norbert Blech ermittelt, sind manipuliert. Lediglich Teil einer schwulen Spirale rassistischer Stigmatisierung: “Von gezielten Manipulationen spricht ein anonymer “Frank”, der sich bei der Queer.de-Redaktion gemeldet hat und sich als “Aussteiger” bezeichnet. Aussteiger aus einem Subbereich der schwulen Szene, der sich vom Islam bedroht fühlt und Muslime generell als Feindbild bekämpft. Frank schreibt in einer anonymen eMail, er habe den Fragebogen “bestimmt 10 Mal mit unterschiedlichen Angaben ausgefüllt” und Türken als Täter angegeben. Es sei ihm darum gegangen, das Szenario einer “realen Bedrohung” aufzubauen. Er kenne “mindestens fünf” Bekannte, die ähnliches getan hätten. Auch habe er dem Überfalltelefon telefonisch zwei erfundene Übergriffe gemeldet: “Das war unglaublich leicht, die sind so unglaublich dumm und sind einfach zu instrumentalisieren” – da auf diesem Weg jährlich nur rund 200 Fälle homophober Gewalt gemeldet werden, haben diese Anrufe noch größere Auswirkungen auf die Statistik als bei der Online-Umfrage. Mittlerweile schäme er sich für den “eigenen Rassismus”, den er auch in zahlreichen Forenbeiträgen auf den unterschiedlichsten Webseiten, darunter queer.de, verbreitet hätte. Einen Beweis für die Manipulation der Maneo-Studie liefert die anonyme Quelle nicht, Rückfragen sind nicht möglich.” Queer.de 2009: Maneo-Umfrage gezielt manipuliert?
Der Skandal schlug Wellen. Gegenüber Blu.fm bezog Maneo-Mitarbeiter Michael Rädel Stellung: “Es wurde von unserer Seite aus nie erklärt, dass es sich bei unserer Studie um eine repräsentative Studie handelt. Eine solche ist ja auch gar nicht möglich. Es gibt deswegen ja bislang auch keine und es wird sie vorerst auch nicht geben. Denn dazu müsste Homosexualität ein leicht und eindeutig abgrenzbares Merkmal sein, was es nicht ist. Von daher können wir nur auf eine hohe Beteiligung zielen und darauf unsere Aussagekraft beziehen. Das ist besser als gar keine Umfrage.” Blu.fm-Interview mit Michael Rädel vom 18. August 2009
Auch Moslems sind Täter, keine Frage, in den sozialen Brennpunkten wie Kreuzberg und Neukölln treiben sich aggressive, homophobe junge Männer herum. Dieselbe nichtmuslimische, “bio-deutsche” “Klientel” begegnet man in Lichtenberg oder Marzahn als lesbisches- oder schwules Pärchen gleichfalls besser nicht. Das eine Risiko ist nicht schlimmer als das andere. Doch bitte: Xenophobie und Homophobie sind zwei sehr dumme Schwestern. Heißt: Die sind miteinander verwandt, entspringen denselben diffusen Ängsten aus denen Abscheu und Gewalt erwächst. Ferner ist es problematisch im Kampf gegen Homofeindlichkeit und Gewalt gegen LSBTTIQ den sozialen Hintergrund auszuklammern. Ausgrenzung ist ein Frustfaktor. Frustrationen entladen sich all zu häufig in Gewalt. Das ist keine Entschuldigung, sondern ein Hinweis darauf, wo Gewaltprävention ansetzen muss. Menschen unter Generalverdacht zu stellen, ist unzivilisiert. Wir müssen die Zivilgesellschaft stärken, indem wir die Situation in sozialen Brennpunkten für alle Menschen verbessern. Dialog fördern statt Vorurteilen den Weg ebnen, ist ein unbedingtes Muss.
Zitat (etwas korrigiert) aus dem Screenshot meiner Antwort auf einen Leser-Kommentar zum Queer.de-Artikel
Deine Studien von Pi.News etwa?
Wer einigermaßen seriös recherchiert kommt zum Ergebnis, dass in Gegenden mit sozialen Schieflagen und hohem Zuwanderungszahlen sowie einem hohen Anteil von Personen mit einem Migrationshintergrund, “tendenziell” ein leicht proportionales Übergewicht an Gewalttätern mit Migrationshintergrund zu beobachten ist. Und die schlagen auch nicht zu, weil ein Gott es ihnen einflüstert, sondern aus Frust, der sich homophobisch motiviert in Gewalt entlädt.
In Gegenden mit sozialen Schieflagen, wo es kaum Menschen mit Migrationshintergrund gibt, gibt es nicht weniger Gewalt gegen LSBTTIQ.
Falschbehauptungen stets zu wiederholen, macht rechtsradikale Propaganda nicht faktenreicher.
Wer jedoch gesellschaftliche Probleme – und Homo-Aversion ist ein gesamtgesellschaftliches Problem, einer Minderheit im Land in die Schuhe schiebt, der, das bestätigen alle politischen Analysen, ist ein(e) FaschistIn oder bedient sich faschistoider Methodik. Nicht die LSBTIQ selbst sind schuld und auch “die Moslems” oder “der Südländer”.