Paulus? Stimmt, ich war ja auch schon in Tarsus. Die Stadt im Südosten der heutigen Türkei gilt als Geburtsort des vom Saulus zum Paulus gewandelten Missionares aus der Antike. Ihm hat das Christentum seine rasante Ausbreitung zu verdanken. Schließlich wohl auch die Tatsache, dass wir weltweit das Weihnachtsfest feiern. Weihnachtlich ist die Stimmung jenseits der Grenze zu Syrien nicht, es herrscht Krieg. Davon war im Juni 2010 nichts zu ahnen. Der Arabische Frühling, der längst zum aggressiv-grimmigen Winter mutiert ist, lag noch in utopischer Ferne. Im Berliner Tagesspiegel, Christlichen Digest, in der Siegessäule und auch auf diversen Online-Plattformen liefen nach meiner Reise entlang der Kilikischen Küste diverse Geschichten von mir, die Kilikien als touristisches Reiseziel beschreiben. Im Reise Journal von WAZ zudem ein Artikel anlässlich des Tarsus-Besuchs vom damaligen Bundespräsidenten Christian Wulff. Die Hoffnungsschimmer von damals verdunkeln sich zunehmend. Denn auch die Türkei steht nicht nur geografisch am Rande eines Krieges.
Eigentlich ein Touristenmagnet
>Die pragmatische Strategie, das sieht man Davut im Gespräch an, schmeckt ihm nicht. Offene Kritik am Verhalten der Behörden wagt er aber kaum: „Wir müssen uns arrangieren, um Fortschritte zu erzielen.“ Ein Fortschritt sei es bereits, dass die beiden Nonnen hier leben dürften. Davut: „Das Gehalt für ihre Dienste am Museum zahlt übrigens der Heilige Stuhl in Rom.“ Hoffung auf echte Religionsfreiheit keimte im Jahre 2009 auf. Papst Benedikt rief das Paulus-Jahr aus: Vorübergehend fanden auch ohne Deckmantel Gottesdienste satt. Doch diese Praxis war von kurzer Dauer.
Diskriminierung des Christentums ist auch aus türkischer Perspektive eine Dummheit. „Viele Pilgertouristen lassen sich abschrecken“, stimmt Davut zu. „Obwohl Tarsus und die gesamte Region eigentlich ein echter Tourismus-Magnet sein könnte.“ Der Paulus-Brunnen am Geburtshaus des Apostel Paulus steht noch. Unweit des schönen Basars und nur einen Katzensprung entfernt von der aufwändig renovierten Altstadt, die mit attraktiven Holzfassaden und emsigen Gastronomen beeindruckt. Paulus, der sich laut Bibel vom Saulus zum Paulus wandelte, hat – so sind sich auch Historiker sicher – den christlichen Glauben zum Durchbruch in Kleinasien verholfen. Weiter im Südosten oberhalb der Stadt Antakya dem antiken Antiochia, liegt zudem die älteste christliche Höhlenkirche der Welt. „Ganz Kilikien ist eine Schatzgrube“, schwärmt Davut.< Auszugende…
Der Krieg in Syrien ist nah
Aktuell gerät das gesamte Gebiet, das 2010 als aufstrebende Region beschrieben worden ist, durch den nahen Bürgerkrieg in Syrien wirtschaftlich in eine Krise. Profitabler Handel mit den syrischen Nachbarn, fruchtbarer Austausch mit Kollegen, Freunden und Verwandten findet nicht mehr statt. Stattdessen häufen sich Berichte über ein erhöhtes Aufkommen von Flüchtlingen und die fremdenfeindlichen Töne seitens manch alteingesessener Bewohner klingen schriller. Die Angst vor Flüchtlingen lässt selbst hohe Politiker im weit entfernten Griechenland hysterisch aufkreischen. Paulus hätte mutmaßlich gewusst, wie man Flüchtlinge christlich behandelt und seine Stimme erhoben. Nicht nur zur Weihnachtszeit. Ganzjährig ist übrigens der gesamte Nahe Osten eine Reise wert. Nach wie vor erschüttern jedoch immer wieder Nachrichten über Terror, Krieg, Tyrannei und “Hass der Religionen” aufeinander die östliche Mittelmeerregion. Paulus’ Betätigungsgebiet von Früher bleibt Kampfzone. Schade eigentlich, denn mir hat es dort – egal ob in Syrien, Türkei, Israel oder Libanon – jedes Mal sehr gut gefallen. Vor allem die Güte und Gastfreundschaft der Menschen, die dort leben, hat mich tief beeindruckt. Frohe und friedliche Weihnachten Euch allen!