Brunei-Kommentar – Interview mit einem schwulen Moslem

Brunei

Hass ist hässlich

Eine Replik auf Kommentare von vermeintlich schwulen Queer.de-Lesern, die geprägt von Fremdenhass, gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit fördern.Text: Robert Niedermeier

Das Sultanat Brunei auf Borneo führt die Scharia ein. Für homoerotischen Sexualverkehr droht Männern die Steinigung zum Tode. Empörte LGBT-Gruppen und prominente Einzelpersonen laufen verbal Sturm, boykottieren Luxus-Hotels, die sich im Besitz des absolutistisch herrschenden Sultans Hassanal Bolkiah befinden. Anlass genug für Martin Aldrovandi, mit einem schwulen Studierenden aus Brunei ein bemerkenswertes Interview zu führen. Zum Erstaunen vieler Leser relativiert der junge Mann die Situation von Homosexuellen in der Scharia-Monarchie als weniger schlimm denn allgemein angenommen. Stattdessen beklagt der Befragte die für ihn vollkommen überzogen wirkende Kritik: “Im Westen sagt man vielleicht, dass die Sexualität in Brunei unterdrückt wird. Unsere Vorstellung von Unterdrückung sieht jedoch anders aus. Wir würden uns unterdrückt fühlen, wenn wir keine kostenlose Bildung oder Gesundheitsversorgung erhielten. Sein Schwulsein nicht gegenüber der Öffentlichkeit zeigen zu können, bedeutet für uns nicht Unterdrückung. Die USA sollten uns nicht ihre Werte aufdrücken oder ihre Vorstellung von Freiheit. Dass die Hotels [bekannte Luxushotels im Besitz von Brunei, Anm.d.R.] boykottiert werden, hat man natürlich auch in Brunei mitbekommen. Wer weiß, womöglich verschlimmern sie unsere Situation damit sogar.”  Leser-Kommentare zum  Queer.de-Beitrag ergehen sich echauffiert im fremdenfeindlichen und islamophoben Ton:

“Moslems sind wie Nazis”

Brunei gehört zu den übelsten Schurkenstaaten der Welt.”

“Als schwuler Moslem sollte man daher besser zu einer christlichen  Kirche übertreten…”

Replik: Solidarität statt Chauvinismus

Fakt ist: Die Europäer haben damit begonnen, Mann-zu-Mann-Sex polizeilich zu verfolgen. Die Europäer haben auch damit begonnen, Moslems und Juden massiv zu unterdrücken. (Und nicht nur die…) Dass in allen Fällen, die Bevölkerung munter mit verfolgte, ausgrenzte und denunzierte, lässt sich sogar erklären: Wer eine Gruppe definiert, sie als sonderbar oder fremdartig denunziert, bereitet damit den Boden für Hass und Gewalt, den der Mob dann allzu bereitwillig mit brutalen Taten beackert. Das nennt man Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit. Diese Feindschaft kann jeden treffen. Diese Erfahrung musste eine große Menschengruppe in Europa erleiden: Die Frauen. Ihnen wurde das Personenstandsrecht aberkannt, sie wurden und werden geschlagen, gefoltert, vergewaltigt, verstümmelt, verkauft und erniedrigt. Weißer Mann muss sich mal vor Augen halten, dass den Frauen in Deutschland und anderswo in weitaus liberaleren Ländern Europa erst im 20. Jahrhundert das Wahlrecht zuerkannt worden ist. Die Frauen haben sich das aus eigener Kraft erkämpft.

Stets hilft es allen, sich an die eigene zu Nase fassen. Mein Fazit: Die Europäer sollten aus ihren Fehlern lernen. Das Kreieren von Feindbildern ist das Problem. Wer das tut, tritt als Feind auf. Wem Feindseligkeit entgegenschlägt, verteidigt sich, trotzt, reagiert mit Radikalisierung. Bedeutet, wir müssen auch begreifen, dass wir mit Repressionen nichts zum Besseren verändern. Druck von außen in Form von Boykotten, Hetzreden, Sanktionen oder gar militärischen Kampagnen, erhöht lediglich das Leid der verfolgten Gruppen im Inneren, weil Radikale das Feindbild um die Skizze der Auslands-Kollaborateure zu erweitern wissen und die Angst vor dem Fremden, dem Sonderbaren, weiter schüren. Ein Kreislauf aus Argwohn und Aktionismus nimmt seinen Lauf. Auch die als “Krieg für Mädchenschulen” von Bündnis90/ Die Grünen verteidigte militärische Intervention in Afghanistan brachte keine Verbesserung ein, sondern lediglich mehr tote Mädchen. Gesellschaften können sich nachhaltig nur von innen heraus und friedlich zum Besseren verändern. Der Schlüssel dazu liegt weltweit in der Emanzipation der Frau. Nur dann ist Demokratie, Freiheit und Gleichheit vor dem Gesetz machbar. Isolation und Ausgrenzung von ganzen Ländern ist kontraproduktiv. Zusammenarbeit bleibt wichtig – über ideologische Grenzen hinaus. Wissenstransfer ja, aber keine Bevormundung. Ist eigentlich logisch, doch die Queer.de-Kommentarspalte müffelt geradezu nach gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit. Ausgehend von vermeintlich schwulen Europäern gegenüber einem schwulen Asiaten. Nur aus einem Grunde, er ist Moslem. Gut, dass er dieses Interview gibt, Egal, welcher Herkunft, Religion oder Gender, alle Menschen verdienen die Solidarität von uns LGBT-Personen. Arrogante Bevormundung, chauvinistische Lehrmeisterei ist allerdings absolut fehl am Platze.


Radikaler Moslem über Homosex: “Nachts sieht Allah die Sünden nicht.”

Zum Vogel-Video: Einfach mal die Aussagen eines “Salafisten” mit denen von Bischöfen oder Päpsten vergleichen, Tipps wie man als gläubiger Schwuler auch ohne wirklich schlechtes Gewissen herum vögeln kann, habe ich vom katholischen Klerus jedenfalls noch nicht vernommen. Interessant auch das klare Bekenntnis von Vogel zum säkularen Staats- und Rechtswesen. Bei diesem Thema gibt es in Sachen Arbeitsrecht auf christlich-katholischer Seite noch große Defizite… Wie gesagt: Stets hilft es allen, sich an die eigene zu Nase fassen. Von daher ist es nicht verkehrt, die Aussagen eines radikalen Moslems mit den Aussagen sogenannter liberaler Christen zu vergleichen. Kritik an den Verhältnissen im eigenen Land tut Not.

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Robert Niedermeier, Journalist (Reise, Lebensart (Food), Gesellschaft)
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One Response to Brunei-Kommentar – Interview mit einem schwulen Moslem

  1. Adam sagt:

    Nun Auch noch die Todestrafe für Homosexuelle bejubeln ja ? und Islamphobie sie sind sowas von Lächerlich!!!!

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