Ein Ehe-Verbot für LGBT ist eine faktische und symbolische Diskriminierung, unbestreitbar eine Schande, gefüttert von Homophobie, Homosexuellenfeindlichkeit und stockkonservativen Grundidealen. Das bestätigt auch das Bundesverfassungsgericht, die steuerliche Gleichstellung für gleichgeschlechtliche Paare ist Pflicht, die Öffnung der Zivil-Ehe für Lesben, Schwule und Trans* könnte jetzt eigentlich kommen. Aber: Wie ungerecht ist eigentlich die Zivil-Ehe, wieso werden Lebens- und Wohngemeinschaften gegenüber Eheleuten diskriminiert? Es gibt keinen Grund, es ist einfach nur ungerecht. Im CSD-Sommer 2013 gilt es also nicht (nur) für die Homo-Ehe auf die Straße zu gehen. Es geht um viel mehr.
Das Ehe-Verbot ist eine Schande, aber die Zivil-Ehe eine Ungerechtigkeit: Bin bestimmt nicht gegen gleiche Rechte für alle: Das Ehe-Verbot für LGBTs ist eine konkrete, nicht duldbare Diskriminierung. Doch bestehende Diskrimierung lässt sich nicht abbauen, indem man lediglich den Kreis der Bevorzugten erweitert. Auch Wohn- und Lebensgemeinschaften, enge Freunde – verliebt ineinander oder loyal zueinander stehend – und Patchwork-, respektive Regenbogenfamilien übernehmen Verantwortung füreinander und stützen diese Gesellschaft. Deshalb haben auch diese Bürger Anspruch darauf, im Miet-, Erb-, Besuchs- und Aufenthaltsrecht keiner Willkür von Vermietern, den Kommunen, Gesundheitsdiensten oder “Ausländerbehörden” ausgesetzt zu sein. Die Ehe-Öffnung für Samesex-Pärchen ändert für diese Personen jedoch nichts zum Besseren, sie bleiben gegenüber Eheleuten benachteiligt. Egal, ob Hetero-, Homo-, Bisexuell oder Trans*. Die Zivil-Ehe ist lediglich ein Klotz am Bein unser pluralistisch verfassten, demokratischen Gesellschaft. Es gehört unbedingt und radikal an die republikanisch-freiheitlichen Gegebenheiten angeglichen. Mit der Konsequenz, dass die “Ehe” abgeschafft und durch moderne Verantwortungsgemeinschaften ersetzt wird.
Biedermeier-Möbel soll man pflegen, unsoziale Anachronismen loswerden
Im Zuge einer moderen emanzipatorischen Reform kämen Kindern und Jugendlichen zudem mehr Rechte zuteil, sie wären auch stärker geschützt vor ihren womöglich schnöseligen, verrohten oder gar gefährlichen Eltern. Denn auch Menschen unter 18 Jahren sind Rechtspersonen und Teil einer Verantwortungsgemeinschaft, nicht das Eigentum eines Patriarchen. Und was ist mit den Singles? Diese große Gruppe genießt keine Sonderrechte. Obwohl sie mehr im Beruf leistet und sich stärker ehrenamtlich engagiert. Ihnen wird keine steuerliche Unterstützung zuteil. Obwohl sie sich nicht auf einen vom Staat subventionierten Ehepartner verlassen können, der/die daheim den Laden zusammen hält. Die Ehe wird gefördert, auch wenn keine Zeugung oder Adoption von Kindern geplant ist, und sie kann nach Belieben wieder geschieden werden. Trotzdem gilt es nach wie vor als förderlich, ausschließlich Zweier-Haushaltsgemeinschaften zu bevorzugen. Und dieser dürre Rest altertümlicher Grundfeste einer aus Besitzwahrung heraus gegossenen Scheinmoral, wird von Liberal- bis Erzkonservativen zum Kernelement unser Gesellschaft hochstilisiert. Heute herrschen jedoch andere Gegebenheiten als zu Biedermeier-Zeiten, als die Zivil-Ehe Einzug ins bürgerliche Gesetzbuch fand. Das muss berücksichtigt werden. Doch Singles, inklusive allein erziehende Personen, sind faktisch trotzdem noch so etwas wie die Bastarde von Früher, ohne gesellschaftlichen Status, eben nicht mehr als nur ledig. Doch heute leben wir in einer freien Republik, die etwas besseres als konservativ verstockten Anachronismus verdient hätte.
Was machen eigentlich die ganzen queeren Pärchen, die sich auf dieses schändliche rotgrüne Sondergesetz (Verpartnerung)…
Posted by Robert Niedermeier on Dienstag, 26. Mai 2015
Ehe ist das Problem: Sexualität und Liebe bedarf keiner Kontrolle
Die Ehe als Stützpfeiler der Gesellschaft und Instrument (Art. 6 Abs. 1 GG s) zur “Kanalisierung der Sexualität”, das ist überflüssiger Ballast aus Zeiten der Standes-Gesellschaft; mit einer Obrigkeit und ihren Untertanen. Die polizeiliche Funktion der Zivil-Ehe war niemals wirklich nötig, sondern lediglich eine Form der Überwachung, ein Unterdrückungsinstrument der klerikal geprägten Eliten, die auf Demokratie und Zivilgesellschaft pfiffen. Es ging darum, die “da unten” im Griff zu halten. Das ist vorbei, denn aus Untertanen sind längst freie Bürger erwachsen. Das sollten auch Konservative respektieren, ob lesbisch-schwul oder nicht. Die nach wie vor klerikal geprägte Ehe gehört hingegen endlich privatisiert, hat also auf einem Standesamt nichts verloren. Sollen doch Jan Feddersen und FreundInnen, all jene, die moderne Menschen als verantwortungslose, genetisch gesteuerte Triebtäter denunzieren, ihren Pfarrer um einen Ehe-Segen anbetteln, wenn sie es wollen, von mir aus auch auf Knien rutschend. In einem Rechtsstaat jedoch, brauchen wir vor allem verbindliche Rechtsinstitute für alle Menschen.
Hetero normierte Zweisamkeit: Eine zum Scheitern verurteile Lebensform
In der Bundesrepublik sind heute nicht einmal 34 Millionen von über 80 Millionen Menschen verheiratet oder verpartnert (Eingetragene Partnerschaft – eine Light-Version der Zivil-Ehe), 35 Prozent davon lassen sich scheiden, noch mehr Ehen sind zerrüttet. Diese zum Scheitern programmierte Minderheit stützt diese Gesellschaft nicht, sondern sie kostet ihr viel, sehr viel Geld: Subventionen wie Ehegatten-Splitting und verschwenderischen Auszahlungen im Gießkannen-Prinzip selbst für Wohlhabende. Aber meine unverheiratete, allein erziehende Nichte, Hochschulabsolventin, berufstätig, die ihr Leben gestaltet und den Lebenslauf ihres Kindes zu verantworten hat, wird vom Staat bewusst benachteiligt. Das ist ein Skandal. Was der starre Blick auf die “Homo-Ehe” bewirkt, lässt sich bereits ausmachen: Konservative Kräfte werden die Bestärkung der Zivil-Ehe als Endsieg feiern. Die Öffnung der Zivil-Ehe ist deshalb kein Schritt nach vorne, sondern sie steht einer wirklichen Verbesserung im Wege. Auch deshalb bin ich gegen die Anpassung ans Falsche.
P.S. “Liebe”, was ist das eigentlich, viel Spaß beim Streit um die Definition. Liebe ist nur ein Wort – reine Poesie. Gerechtigkeit jedoch ist machbar!
Anmerkung: Niemand sollte persönlich beleidigt sein, weil ich mich gegen die Zivil-Ehe ausspreche, ich möchte niemanden verwehren für andere Verantwortung zu übernehmen oder seinen/ihre PartnerIn zu lieben, von mir aus sogar bis über den Tod hinaus. Aber Liebe und Partnerschaft bedarf keiner Kontrolle, keine staatlich verordneten Regeln. Menschen brauchen Gerechtigkeit und Individuen Schutz vor Willkür, jedoch keine Institution, die darauf abzielt, Menschen zu regulieren.
DIE LINKE
Landesverband Berlin
Pressedienst
Verdiente Klatsche für beispiellose Ignoranz
Zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die steuerliche Gleichstellung von Ehe und Lebenspartnerschaft erklärt der Vorsitzende der Partei DIE LINKE. Berlin Klaus Lederer:
Das Bundesverfassungsgericht hat heute – ganz auf seiner inzwischen gefestigten Linie zu Art. 3 GG – erneut einen Gleichstellungsschritt von Ehe und Lebenspartnerschaft vollzogen. Das war vorhersehbar. Umso unverständlicher ist es, dass CDU/CSU und FDP erneut abgewartet haben, anstatt diese überfällige Gesetzesänderung selbst vorzunehmen. Das ist eine neuerliche heftige Klatsche für die Bewahrerinnen und Bewahrer eines überholten Familienbildes.
Eine derartige Ignoranz gegenüber einer zentralen Diskriminierungsverbotsnorm der Verfassung ist in der Geschichte der Bundesrepublik einmalig. Gemessen an ihren eigenen Maßstäben müsste eigentlich der Verfassungsschutz auf die Blockierenden in dieser Koalition angesetzt werden.
Es ist dringend an der Zeit, durch eine einfache Änderung des BGB die Ehe zu öffnen und für Partnerinnen und Partner unabhängig vom Geschlecht die Eheschließung zu ermöglichen. DIE LINKE fordert darüber hinaus die Entprivilegierung der Ehe. Die staatliche Subventionierung eines überholten Alleinernährer- und Zuverdienermodells innerhalb des Steuer-, Sozial-, Renten- und Familienrechts muss beendet, stattdessen sollten Betreuung und Pflege sowie das Zusammenleben mit Kindern gefördert werden.
Berlin, 07.06.2013
Möchte hier gesondert aufs Piratenparteiprogramm zum Thema aufmerksam machen: http://wiki.piratenpartei.de/Bundestagswahl_2013/Wahlprogramm#Familie_und_Gesellschaft
Evangelische Kirche Hessen traut schwules Paar: Dieses plakative Anbiedern seitens konservativer Homos, mit wohlgemerkt politischen Anspruch, an die Kirchen, mag ich nicht verurteilen. Zu befürchten ist allerdings, das das Ganze lediglich dazu dienen wird, jene, insbesondere schwule Männer, auszugrenzen, die den Lebensstil jenseits monogam ausgerichteter Zweierkisten bevorzugen. Man wird ihnen vorwerfen, genau das Schwulsein zu propagieren, wovor die konservativen Homo-Hasser immer warnen. Man wirft ihnen jetzt schon in lesbisch-schwulen Portalen vor, Beziehungsgestört zu sein, dem Image der Bewegung zu schaden. Seitens der LGBT-Verbände fehlt mir ein eindeutiges Bekenntnis zur frei ausgelebten Homosexualität. Stattdessen basteln sie seit Jahren am braven Biedermeier-Korsett mit rosa Rüschen herum. Gleiche Rechte, natürlich, auch ich bin gegen das Ehe-Verbot (Zivil-Ehe ist gleichgeschlechtlichen Paaren nicht gestattet in der BRD) Aber bitte nicht dabei vergessen, dass es auch darum gehen muss, Dinge für alle Menschen zum Besseren zu verändern, sich anzupassen, sich zu assimilieren, verdient kulturell betrachtet nicht einmal das Prädikat “schwul”. Die Schwulen, die sich damals das ehemalige Schimpfwort kämpferisch zu eigen machten, wollten Veränderung, nicht die Stärkung des Konservatismus’. (Comment schrieb ich zum taz-Artikel desselben Themas)
Oh weh, ist das doof: http://www.siegessaeule.de/newscomments/article/warum-so-schlecht-gelaunt-jan-feddersens-sicht-auf-den-stand-der-bewegung.html
o ein verleumderischer Bullshit von Jan: Ich beispielsweise bin ein Gegner der Zivil-Ehe, aber nicht für das Ehe-Verbot für LGBT. Das ist ein Unterschied.
Die Konzentration der neo-konservativen Schwestern auf die Homo-Ehe ist indes ein Schlag ins Gesicht der Emanzipationsbewegung, weil es den scheinheiligen Berufsspießern lediglich darum geht, den Kreis der Privilegierten zu erweitern. Sie wollen sich einkapseln in ihrer bigotten Welt. Als wenn eine rechtlich abgesicherte Zweierkiste nicht die Möglichkeit böte, sich in einer anderen Stadt den Arsch im Darkroom bis zum Platzen ….. zu lassen.
Was einer modernen republikanisch verfassten Gesellschaft besser zu Gesicht stünde, und das wollen die Gegner der klassischen heteronormativen Zivil-Ehe, wäre die Möglichkeit, dass alle Lebenspartnerschaften, auch WGs, das Schwesternpaar, allein erziehende Eltern u.a., in einem Familienvertrag rechtlich abgesichert sind. Dass dort, wo Verantwortungsgemeinschaften gelebt werden, die Gemeinschaft vor Willkür der Vermieter etc. geschützt werden.
Die nach wie vor klerikal geprägte Ehe gehört hingegen endlich privatisiert, hat also auf einem Standesamt nichts verloren. Sollen doch Jan Feddersen und FreundInnen, all jene, die moderne Menschen als verantwortungslose, genetisch gesteuerte Triebtäter denunzieren, ihren Pfarrer um einen Ehe-Segen anbetteln, wenn sie es wollen, von mir auch aus auf Knien rutschend. In einem Rechtsstaat jedoch, brauchen wir vor allem verbindliche Rechtsinstitute für alle Menschen.