Die Innenstadt brodelt bereits am späten Nachmittag, mit der Dämmerung flackern die ersten Großstadtlichter auf und aus den Bars dringt Musik auf die Straße. Währenddessen flanieren verliebte Pärchen Arm in Arm inmitten der Menschenmenge über den Plaza Mayor hinweg in Richtung der Metro-Station von Puerta de Sol. Madrid, die drei Millionen Einwohner zählende Hauptstadt im Herzen Spaniens vibriert. Und dass an einem ganz normalen Donnerstagabend. Die Metropole in Kastilien besitzt zweifelsohne Temperament. Die rebellische Jugend erbrachte erst im Sommer 2011 den lautstarken Beweis dafür, ebenfalls die berauschenden Fernsehbilder, die um die Welt flimmerten als Spanien 2010 den Sieg der Fußballweltmeisterschaft feierte – nächtelang.Laut plappernd berichtet derweil ein langhaariger Typ bei einem Glas Rotwein seinem Gegenüber wild gestikulierend vom zurückliegenden Tag in der drittgrößten Stadt Europas.
„Nachts geht’s in die Viertel von Chueca und Huertas…”
Trotz hoher Jugendarbeitslosigkeit und allgemeiner Wirtschaftskrise: Die Bürger Madrids sind stolz auf die Schönheit ihrer königlichen Heimatstadt und genießen das besondere Lebensgefühl: „Vormittags ins Museum am Paseo del Prado, nachmittags zum Shopping am Serrano und Fuencarral oder im neuen Trendviertel „Boho“ zwischen der Calle Gran Via und Calle de Sagasta, ganz nah beim momentanen Promi-Treff, das ist die Bikram Yoga Schule auf der Calle Divino Pastor, dort bin ich Mitglied…“, beschreibt Antonio Lopez Herreros mit heller Begeisterung seine Lieblingstour durch Madrid und fährt fort: „Nachts geht’s in die Viertel von Chueca und Huertas, dem schicken Barrio Salamanca oder ins sehr alternative Lavapiés zum Bar- oder Clubbesuch; in Madrid fühle ich mich immer wieder wie ein Urlauber – allerdings mit Insiderwissen“, erzählt der echte Madrilene ohne Unterlass über seine 700 Meter über dem Meeresspiegel thronende und damit höchst gelegene Hauptstadt der Europäischen Union.
„Hier streunten Jimmy Somerville oder Chris Lowe durch die Nacht.“
Madrid ginge es sehr gut, meint der 30-jährige Komponist, Schauspieler und Schriftsteller. Als Lebenskünstler goutiert er das kreative Potential der sechs Universitäten zählenden Stadt, schlendert durch die schönen Parks und bewundert historische und moderne Kunstwerke in renommierten Museen: „Pflicht sind das Nationalmuseum Reina Sofia und das Thyssen-Bornemisza Museum“, empfiehlt der Einheimische im Anschluss beim abendlichen Spaziergang durch den Stadtpark „El Retiro“. Er muss grinsen als er eine Sammlung dicht bewachsener Büsche passiert und plaudert aus dem Nähkästchen: „Genau hier streunten schon Jimmy Somerville oder auch Chris Lowe von den Pet Shop Boys durch die Nacht.“ Wir sind mitten im Gay-Cruising-Gebiet. Tagsüber prahlt der schöne und wahrhaft romantisch anmutende Park, neben üppiger Botanik, mit Bootsfahrten auf dem Teich oder den rasanten Stunt-Aktionen wagemutiger Skater-Cliquen. Nachts wird es frivol.
Chueca: Vom trostlosen Problembezirk zum angesagten Gay-Quartier
Madrid ist tolerant. Überhaupt bietet Spanien, schaut man in die Gesetzesbücher, alle Freiheiten – bis hin zum Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare. Der Künstler aus Kastilien weiß das zu schätzen: „Immerhin sind wir ein sehr katholisches Land und der Machismo ist noch immer ziemlich stark ausgeprägt. Aber stets charmant“, lächelt Herreros auf dem Weg ins Ramses, einem typischen After Work Club, wo der sympathische Gay gemeinsam mit attraktiven Macho-Typen, hübschen Frauen und Freunden aus Musikerszene gerne den Feierabend zelebriert. Nach einem Drink geht’s auch schon weiter. Nahe des Königspalastes, dem prachtvollen Palacio Real, entscheidet sich unser Tourguide für einen kulinarischen Rundgang durch das Viertel La Latina entlang der Straße Cava Baja, wo sich Tapas-Bars zuhauf aneinanderreihen, die selbst zur Nachstunde den größten Appetit zu stillen vermögen.
Hauptstadt-Bohème: Bunte Mischung aus Galerien, Rock- und Electro-Clubs
Es gilt, Kraft zu tanken für die Nacht in Chueca. Bereits vor dem Jahrtausendwechsel wandelte sich das Barrio vom trostlosen Problembezirk zum angesagten Gay-Quarier. Als Pionier der Szene gilt Mili Hernandez: In den Achtziger Jahren eröffnete sie ihren lesbisch-schwulen Buchladen „Berkana“ auf der Calle Hortaleza. In der Nachbarschaft blühen damals nur die Geschäfte der Prostituierten und Drogendealer. Heute lebt hier die Hauptstadt-Bohème und eine bunte Mischung aus Galerien, Cafés, Kneipen, Restaurants, Rock- und Electro-Clubs oder Gaysaunen versprüht Großstadtflair. Einen Katzensprung entfernt beginnt der als Los Austrias bekannte königliche Stadtteil. Benannt nach dem ursprünglich aus Österreich stammenden Geschlecht der Habsburger. „Aber das besucht man besser bei Tageslicht“, schlägt Herreros vor. In der Tat lohnt es sich, die Pracht der historischen, fast kitschig erscheinenden Stadtpaläste zu bestaunen, bis ins kleinste Detail. Und das gilt gleichwohl für ganz Madrid.
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