Sölden: Gaislachkoglbahn und Schnee-Roboter

Gaislachkoglbahn in Sölden

Konkurrenzkampf um Kohle

Gigantomanie am Gletscher in Tirol: Seit dem 8. Dezember 2010 ist die neue hypermoderne Seilbahnstation im Ötztal in Betrieb - dem Klimawandel trotzend. Text/ Fotos: Robert Niedermeier

Dem Gipfel wird in Tirol die Krone aufgesetzt. Eine windschnittige und sehr teure wohlgemerkt: markant aus Stahl, in wetterfester Kunststoff-Folie gehüllt. Ein harmonischer Dialog von Form und Funktion: „Wie eine Metallfeder, filigran aber stabil, flexibel und robust zugleich”, so schön beschreibt Johann Obermoser in einem Sölder Luxushotel seine kreative Errungenschaft: Die neue Seilbahn- und Bergstation auf dem Gaislachkogl in Tirol hat viel Geld gekostet und muss die Kohle auch wieder einfahren. Marketing tut Not.

Am 8. Dezember 2010 ist die neue Gaislachkogl-Bahn komplett in Betrieb

Der Mensch ist kleiner als der Maschinenarm

Der Innsbrucker Architekt hat das jüngste Markenzeichen Söldens im Auftrag von Bergbahnen-Betreiber Jakob Falkner entworfen. Das Hightech-Projekt ist der nächste Clou in Söldens Materialschlacht um die Gunst der Touristen aus aller Welt: Die zweite Sektion kutschiert die Passagiere ab der Mittelstation zum Gipfel des Dreitausenders hinauf und feiert schließlich am 8. Dezember 2010 ihre Premiere zur Indienstnahme. „Wachstum durch Fortschritt“, lautet die Devise des Chefs der Sölder Bergbahnen im Konkurrenzkampf. Jakob Falkner propagiert die dreifache Winterkompetenz seiner Heimat: „Ein mit aufwendiger Infrastruktur erschlossenes Gletscherskigebiet, die neue Gaislachkogl-Bergstation und mechanischer Schnee.“

Optimale Schneeverhältnisse garantieren den puren Fahrspaß

Skifans wissen das Wettrüsten zu schätzen. Den Gipfel vom Gaislachkogl im Blick und fest am Material fixiert, wedeln die Sportlichen los. Komfortabel gleiten ihre Bretter über den Kunstschnee. Nicht die Natur, sondern Ingenieure entscheiden via Bluetooth-Befehl, ob es in sternenklaren Nächten schneien soll. Hoch entwickelte Beschneiungsanlagen schießen das weiße Gold der Region in die Atmosphäre. Am Morgen ist auch die rot markierte Piste runter nach Sölden von Kraft strotzenden Pisten-Panzern bestens präpariert worden: Kein Harsch, keine Verwehungen. Optimale Schneeverhältnisse garantieren – dem Menschen gemachten Klimawandels trotzend – den puren Fahrspaß. „Die richtige Mischung von Naturschnee mit mechanischem Schnee bringt den Erfolg“, erklärt Georg Eisath, der Erfinder der sonnengelb lackierten, schneespeienden Kolosse.

Neue Seilbahn bringt die Touristen noch schneller hoch

Den Skifahrern, die aus Russland, USA und Nahen Osten anreisen, erwartet von November bis Mai 2011 ein kostenintensives Fahrvergnügen auf über 90 alpinen Pistenkilometern im Skigebiet. Allein der Kapitaleinsatz in die neue hypermoderne Seilbahn wird mit 38 Millionen Euro veranschlagt. Mit der Fertigstellung des dritten Speichersees, der die Wasserversorgung der stählernen Dreimeter-Riesen absichert, sind im Herbst 2010 bereits 50 Millionen Euro fällig geworden. Plus den alljährlichen Ausgaben, die sich auf der langen Schnee-Rechnung niederschlagen: Zirka 20 Prozent des durchschnittlichen Skipass-Preises wird somit für die Extra-Portion des weißen Pulvers einkalkuliert. Den Stoff produzieren Söldens Schneeroboter auf Nachtschicht. Die neue Seilbahn bringt die Touristen noch schneller hoch hinaus in die bedrohte Alpenwelt und direkt drauf auf den teuren Schnee.

 

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Robert Niedermeier, Journalist (Reise, Lebensart (Food), Gesellschaft)
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