Der exotische, mentholähnliche Duft von Tigerbalsam schwängert die tropisch warme Luft und das Kleingeld der Zugestiegenen klimpert. Ein kitschig buntes, aufklappbares Holzrohr dient der Schaffnerin mit der Lotusblüte im Haar als Kasse und Ticketspender.
Busfahren in Bangkok: Ein günstiges Vergnügen
Kurz darauf beginnt die Fahrt im knallroten Linienbus mit der Nummer 82 durch Bangkok, die „Stadt der Engel“. Nur zwölf Baht, umgerechnet etwa 20 Cent, kostet der Trip, der sich als authentische Alternative zum organisierten Sightseeing bestens eignet. Tichakorn Phukhaotong, von allen einfach Jojo genannt, fährt zwar eigentlich lieber Taxi, nimmt sich aber Zeit, dem Farang, so nennen Thailänderinnen und Thailänder hellhäutige Ausländer, die Stadt vom Bus aus zu zeigen. Im Ostteil der Innenstadt deutet er ans andere Ufer des Chao-Phraya-Flusses. Aus der beeindruckenden Skyline ragt das höchste Gebäude Thailands, der Baiyoke Turm, 304 Meter hoch in den Himmel. Kathedralen des Kapitals aus Stahl, Beton und Glas flankieren auch die Hochtrasse des hypermodernen Skytrains, der sich als eine weitere und rasante Transport-Möglichkeit durch den Großstadtdschungel anbietet. Sieben Millionen Menschen wohnen in der Megacity, fast 13 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner kommen zusammen, zählt man die Außenbezirke dazu.
Heimat der größten queeren Community Asiens
Trendy gibt sich der Schmelztiegel der Kulturen, wo Thailänderinnen und Thailänder aus allen Ecken des Landes mit Menschen aus aller Welt zusammentreffen. Hardcore-Shopper und Genuss-Abenteurerinnen finden deshalb nicht nur in Chinatown oder auf dem Indischen Markt, sondern in der ganzen Stadt eine enorme Vielfalt an Speisen und Produkten. Gleichzeitig ist Bangkok auch die Heimat einer der größten queeren Communitys in Asien. Ob Thai-Massage, Schwulensauna, Garküchen oder Modemeilen – alles ist am Start. Im Tuk-Tuk setzt Jojo die Fahrt fort. Doch das Zentrum Bangkoks lässt sich auch in kleinen, laut tuckernden Taxibooten oder Flussfähren erkunden, die den Hauptstrom und die vielen kleinen Kanäle befahren, deren Ufer mit unzähligen golden schimmernden buddhistischen Tempeln gesäumt sind.
Jojo zieht die Fäden der populären Partyreihe “Trasher” wie ein Regisseur
„Eigentlich wäre ich gerne Regisseur“, verrät der aus Südthailand zugezogene Jojo. Momentan zieht er die Fäden der populären Partyreihe „Trasher“, die in wechselnden Clubs ein queeres Publikum unterhält. Seiner Leidenschaft für den Film frönt Jojo mit jeweils passend zum Partymotto arrangierten Videos, die im Internet zu sehen sind und sich weltweiter Beliebtheit erfreuen. Es ist Abend geworden. Dunkelheit ummantelt mühselig das künstlich erleuchtete Zentrum der thailändischen Megacity.
Objekte der Begierde: „Europäer genießen einen Exoten-Bonus“
Jojo trifft im Stadtviertel Pom Prap Sattru Phai, östlich des Flusses, seinen Nachbarn Micha Schulze, der eigentlich aus Berlin kommt und seit neun Jahren in Bangkok lebt, wo er als Journalist, Publizist und Herausgeber des im deutschen Köln angesiedelten Online-Portals Queer.de arbeitet. Auf der Dachterrasse des eher alternativ angehauchten Lokals Phra Nakorn wird gute und relativ günstige Thai-Küche serviert. Neben schwulen Punks, eleganten Ladyboys und lesbischen Pärchen bestimmt ein herrlicher Ausblick auf den Wat Saket, den Goldenen Bergtempel, die entspannte Atmosphäre. „Die Menschen hier sind nicht so miesepetrig und viel toleranter als in Deutschland“, meint Micha, der in einer festen Beziehung mit einem Thailänder lebt. Dass Thailänder ausschließlich am Geld der Touristinnen und Touristen interessiert seien, weist der Blondschopf zurück. „Europäer genießen einen Exoten-Bonus“, hat er stattdessen beobachtet.
Komplex aus Bars, Kneipen und Discos: Perfekter “Place to be”
Spätestens seit den 1970er Jahren ist die thailändische Hauptstadt für ihr ausschweifendes Nachtleben bekannt, als amerikanische GIs zur Erholung nutzten. Im Club DJ Station, einige Kilometer südlich im Vergnügungsviertel Silom, ist die Party um 23 Uhr bereits in vollem Gange. Micha und Jojo treffen Phillip* aus Dresden, dessen Reisefreundin Olivia* mit einer Schwarzhaarigen aus dem südafrikanischen Durban knutscht. Der Club gehört zu einem Komplex aus Bars, Kneipen und Discos, ein perfekter Anlaufpunkt für Nachtschwärmer. Phillip* zieht es in attraktiver Begleitung auf eine illegale Technoparty und Olivia* lässt sich von ihrer Eroberung in den populären Lesben-Club Zeta entführen.
BKK Gay: 10 of Bangkok’s most fabulously queer bars and clubs http://t.co/iEXxFH64hK #bangkok
— Coconuts Bangkok (@CoconutsBangkok) October 19, 2013
Beschwipste Polizisten glotzen Touristen auf die Popos
Zur Morgendämmerung verschlägt es Jojo und Micha abermals in ihre Stammkneipe Wong’s Place: Zwei Polizisten lungern am Eingang herum. Ihre Drinks gehen auf Kosten des Wirtes. Seit Jahren reguliert eine Sperrstunden-Verordnung den Party-Rhythmus Bangkoks. Doch wer die Polizei besticht, darf auch weit nach zwei Uhr morgens öffnen und Umsatz machen. Besonders gern glotzen die beschwipsten Beamten den ausländischen Vergnügungshungrigen auf die im Takt der Achtziger-Jahre-Popmusik wackelnden Hinterteile. Jojo zeigt gelassen Verständnis für die lüsternen Blicke der chronisch unterbezahlten Uniformierten. Er hat schließlich selbst ein Faible für Farangs. Gegen sechs Uhr ordern auch die Ordnungshüter ihre letzte Runde. Jojo und Micha indes schmeißen ihre verbleibenden Münzen zusammen; für das Taxi nach Hause. (Hinweis: Mit Sternchen markierte Vornamen sind aufgrund Bewahrung der Privatsphäre vom Autor abgeändert worden.)