Weiße Wolken ziehen am blauen Himmel vorbei, die sanfte Oberfläche des Pichola-Sees glitzert verspielt und wahrhaft majestätisch erhebt sich der Maharaja-Palast steil am Ufer der Altstadt von Udaipur empor.
Die Szenerie wirkt wie ein Postkartentraum, fast so, als wäre sie direkt aus einem bunt-kitschigen Bollywood-Film entsprungen. Wäre da nicht der milchige Dunst, der das Blau des Himmel diesig wirken lässt. Die Indien-Touristen aus aller Herren Länder sind jedenfalls schwer beeindruckt als sie in dem rot-weißen, mit einem Baldachin aus Kunstoff überspannten Flachboot den See kreuzen. Mit ihren orangefarbenen Schwimmwesten schauen sie allesamt ein wenig ungelenk und albern aus.
„Der Tiger von Eschnapur“ hielt im Film die schöne Seetha gefangen
Größer könnte der Kontrast zum erhabenen See-Palast, den der Herrscher Jagat Singh II. 1746 erbauen ließ, nicht sein. Im Spielfilm „Octupussy“ widersteht Agent James Bond in diesem schwimmenden Prachtbau aus schneeweißem Marmor den Versuchungen exotischer Tänzerinnen und machte stattdessen dem Bösewicht Prinz Kamal Khan dingfest. In Fritz Langs abenteuerlichen Kitsch-Epos „Der Tiger von Eschnapur“ hielt hingegen ein eifersüchtiger Maharadscha die Tempeltänzerin Seetha auf der künstlichen Insel gegenüber vom überdimensionierten Stadtpalast gefangen. Zweimal waren deutsche Filmteams bereits in Udaipur unterwegs, um 1937 und zwanzig Jahre später erneut die Abenteuer-Romane “Der Tiger von Eschnapur” und “Das Indische Grabmal” angemessen zu verfilmen. Heute residiert das luxuriöse Palace-Hotel der Taj-Hotel-Gruppe inmitten des Sees zu Füßen des Aravalli-Gebirges. Um die 500 Euro kostet hier die Nacht pro Luxus verwöhnten Kopf.
Touristen triumphieren: Um ein paar lumpige Rupien den Preis gedrückt
Für den 17-jährigen Boru ist das unvorstellbar. Mit ihm verhandeln Touristen am Ende der Brücke unweit des Sanskrit Colleges darüber, ob er 100, 200 oder vielleicht sogar 400 Rupien für seine in mühseliger Handarbeit aus Speckstein gemeißelten Elefanten-Figuren verlangen darf. Umgerechnet geht es dabei um 1,50 bis 6 Euro. Zwei Tage arbeitet er an so einer Miniatur. Eine zirka 12 Jahre alte Bettlerin an der nächsten Ecke, freut sich indes über eine Scheibe Toastbrot, die ihr der junge Aviv aus Israel zusteckt. „Wenn mir ein Kind in die Augen schaut, kann ich das nicht ignorieren“, sagt der 22-Jährige und ärgert sich über die Touristen, die soeben feixend triumphieren, weil sie Boru um weitere wenige lumpige Rupien im Preis nach unten drückten. Sichtlich enttäuscht, wickelt der Halbwaise die Souvenirs in altes Zeitungspapier ein und macht angesichts des wohlgenährten Paares aus Österreich verzweifelt eine gute Mine zum zynischen Verhandlungs-Spiel. „Chapati für meine Mutter und die Geschwister“, erklärt der fleißige Kunsthandwerker.
Chapati: Vollkornbrot aus Hirse, Gerste und Weizen backen
Dank des schlechten Deals kann Boru für den Rest der Woche immerhin genug Fladenbrot für seine achtköpfige Familie besorgen. Besser ergeht es Haider. Der Mittdreißiger hat mit seiner Frau eine gemeinsame Tochter und schleppt täglich vom Busbahnhof am Rande der 450000-Einwohnerstadt, die wenigen Ausländer ab, welche übermüdet und entnervt aus den von Mumbai ankommenden Überlandbussen steigen. Zusammen mit einer illustren Mischung aus Portugiesen, Polen, Franzosen und Deutschen blickt auch Aviv von der Dachterrasse des günstigen Kesar Hotels auf Udaipur hinab. Allesamt wurden sie von Haider überzeugt hier abzusteigen. Ihre Blicke schweifen über die Sonne gefluteten Dächer der weißen Häuser, auf denen Färberinnen schrill-bunte Stoffe zum Trocknen ausbreiten, Hausfrauen Kuhfladen in Brennstoff umwandeln und damit das vom jungen Hindu Boru heiß begehrte Chapati-Vollkornbrot aus Hirse, Gerste und Weizen backen.
Taj Mahal: Überwältigt vom prachtvollen Anblick
Den Juden Aviv zieht es weiter nach Agra, jenseits der nördlichen Grenze des Bundesstaates Rajasthan in Uttar Pradesh. Je weiter er sich auf seiner langen Reise durch Indien vom Hindu geprägten Süden in den stark muslimisch geprägten Norden begibt, desto seltener erzählt der Ex-Soldat, dass er Israeli ist. „Das kann unangenehm sein“, erzählt Aviv lakonisch. Doch natürlich möchte er unbedingt das touristische Wahrzeichen Indiens sehen. Die organisatorischen Dienste von Haider lehnt er freundlich ab, macht sich stattdessen am späten Nachmittag auf, die beschwerliche über Nacht andauernde aber preiswerte Busfahrt auf sich zu nehmen. Backpacker, Bauernjungen mit Ziegen, komplette Familien mit Kleinkindern, Arbeiter und Schüler tun es ihm gleich. Nach zwölf Stunden erreicht er die ansonsten unansehnliche Millionenstadt Agra, steigt in eine von Hunderten motorisierten Rikschas, zahlt 700 Rupien Eintritt, wimmelt Dutzende ab, die sich als Guide anbieten, passiert Kamelkutscher, durchschreitet das Eingangsportal zum Taj Mahal und ist überwältigt vom prachtvollen Anblick. Das 60 mal 60 Meter große, auf einem 10000 Quadratmeter großen Marmorsockel erbaute, vom Großmogul Shah Jahan im 17. Jahrhundert aus Liebe zu seiner Hauptfrau errichtete Mausoleum, wurde bereits Millionenfach fotografiert. Der überwältigenden Schönheit des beinah blütenweißen indischen Grabmals tut das keinen Abbruch.
Der üppig mit Zinnen ausgeschmückte Jain-Tempel von Rankapur
Währenddessen schickt der als Reiseveranstalter annoncierte Haider seinen Kompagnon Lucky mit den beiden Deutschen auf Tagestour zum Fort von Kumbhalgarh. Eine malerisch schöne Landschaft zieht im Laufe der drei Stunden dauernden Autofahrt an ihnen vorbei. Seen, Flüsse, Hügel, Schluchten und Wälder wechseln sich im subtropischen Rajasthan ab. Dann zeigt sich schon von weitem die insgesamt 36 Kilometer lange Festungsmauer. Wie die meisten Touristen steuern auch Luckys Schützlinge auf dem Rückweg nach Udaipur den üppig mit Zinnen ausgeschmückten Jain-Tempel von Rankapur an. Wie an allen nationalen Denkmälern und Heiligtümer Indiens, zahlen ausländische Touristen weitaus mehr Eintritt als die vielen einheimischen Besucher. Aviv findet das nur gerecht als sich alle bei sehr gutem vegetarischen Essen im Hotel Kesar zur Abendstunde wieder treffen.
Erneut konnte Haider weitere Touristen ins Hotel lotsen
Falls ihnen der Beitrag gefallen oder bloß geärgert hat, können sie gerne ein paar Groschen hinterlassen. Paypal me! Danke. paypal.me/RobertNiedermeier
Im wilden Sprach-Gewirr berichten die Hotelgäste von ihren Ausflügen während den indischen Divali-Lichterfest-Feiertagen. Nolwenn, eine energische Französin aus der Normandie, zeigt stolz ihre neue Ledertasche, die sie unweit der Traveller-Herberge in Arifs Lederwarengeschäft nahe dem Maharaja-Stadtpalast erworben hat. Aviv beäugt die Schafsleder-Tasche kritisch, die in Israel oder Europa das Achtfache dessen kosten würde, was der Lederdesigner von der erfahrenden und im Verhandeln geschickten Reisenden letztendlich kassieren durfte. Haider indessen zeigt sich wieder mal zufrieden. Erneut konnte er weitere Touristen ins Hotel lotsen. In dieser Woche winkt eine lohnende Provision der Betreiberfamilie. Derweil senkt sich der Halbmond als bleiche Sichel am Nachthimmel und spiegelt sich im Pichola-See wider. Schöner konnte es auch Fritz Lang in „Der Tiger von Eschnapur“ nicht inszenieren. Die Touristen von Udaipur sind glücklich.
Falls ihnen der Beitrag gefallen oder bloß geärgert hat, können sie gerne ein paar Groschen hinterlassen. Paypal me! Danke. paypal.me/RobertNiedermeier
When I originally commented I clicked the “Notify me when new comments are added” checkbox and now each time a comment is added I get four emails with the same comment. Is there any way you can remove people from that service? Many thanks!
I am glad to be one of many visitants on this great web site (:, thankyou for posting.
I have been examinating out some of your articles and i must say pretty clever stuff. I will make sure to bookmark your blog.
I’m not sure why but this web site is loading extremely slow for me. Is anyone else having this issue or is it a issue on my end? I’ll check back later on and see if the problem still exists.
I as well as my buddies were actually checking out the nice key points on your web page and then before long I got a horrible feeling I had not expressed respect to you for those strategies. These guys ended up certainly happy to learn them and now have really been making the most of these things. I appreciate you for being simply considerate as well as for deciding upon this form of impressive issues millions of individuals are really eager to know about. My very own sincere regret for not expressing gratitude to you sooner.
I?¦ll immediately seize your rss as I can not in finding your email subscription link or e-newsletter service. Do you’ve any? Please let me realize so that I could subscribe. Thanks.
It is actually a great and useful piece of info. I’m happy that you simply shared this helpful information with us. Please stay us informed like this. Thank you for sharing.
You are my aspiration, I have few web logs and very sporadically run out from to post .
Hello! I just would like to give a huge thumbs up for the great info you have here on this post. I will be coming back to your blog for more soon.
I like this web site very much, Its a real nice berth to read and get information.
You got a very great website, Gladiolus I observed it through yahoo.
Lovely blog! I am loving it!! Will be back later to read some more. I am taking your feeds also
[…] Lang, um zu erfahren, wo der Abenteuerfilm „Der Tiger von Eschnapur“ gedreht worden ist: https://reiserobby.de/der-tourist-von-eschnapur-udaipur-kinotraume-und-wirklichkeit-im-indischen-raj… #Indien #Rajasthan […]