Radverkehr in Berlin-Neukölln ist ein Risiko

Radverkehr

Ärgerlicher Alltagsstress

Berlin-Neukölln ist wie viele andere deutsche Großstädte gematert von der autogerechten Infrastruktur. Freie Fahrt für freie Bürger:innen ist bislang noch eine Illusion. Die Stärkeren drängen die Schwachen von der Straße. Doch Hoffnung keimt auf, die Situation bessert sich, aber es gibt noch viel Luft nach oben zur wirklichen Verkehrsgerechtigkeit in Berlin. Auch auf bereits sanierten Wegen wie Teilen der Karl-Marx-Straße im Norden des Bezirks Neukölln. Das dort real existierende Mobilitätsproblem gefährdet leider Menschenleben. Text: Robert Niedermeier, Fotos: @dReiLX, Dennis Yenmez

“Heute ist ein trauriger Tag”, leitet Martin Hikel (SPD) am Abend des 18. März 2021 die 56. Bezirksverordnetenversammlung in Neukölln ein, die erstmals auf YouTube live gestreamt wird. Bezirksbürgermeister Hikel fährt fort: “…, denn wir haben mit dem heutigen Tage den ersten toten Radfahrer in diesem Jahr zu verzeichnen, oder die Radfahrerin. Und ich bin sehr bestürzt darüber, dass wieder ein Mensch auf der Straße verstorben ist und ich möchte hier in aller Deutlichkeit sagen, dass das für uns politisch Verantwortliche ein unmittelbarer Auftrag ist, dafür zu sorgen, dass wir Sicherheit für alle Verkehrsteilnehmenden herstellen, insbesondere für diejenigen, die aktuell die Schwächsten im Verkehr sind. Ich glaube, wir werden nie alle Unfälle verhindern können, weil menschliches Fehlverhalten immer passieren wird, aber wir können alles dafür tun, Unfälle durch Infrastruktur-Maßnahmen zu verhindern.”

Sicherheit für die Schwächsten im Verkehr mit Infrastrukturmaßnahmen

A100 Baustelle in Neukölln

A100 Baustelle in Neukölln. Foto: Dennis Yenmez

Die Schuld den Opfern in die Schuhe zu schieben, verurteilt Martin Hikel indes scharf, rief die digital zugeschalteten Bezirksverordneten zu einer Gedenkminute auf und appellierte im Anschluss an die BVV-Teilnehmenden, ihrer politischen Verantwortung gerecht zu werden. Starke Worte vom Bezirksbürgermeister, der sich schon bald im Wahlkampf befindet, aber tatsächlich hat sich das Fahrradfahren in Neukölln in den letzten Monaten bereits freundlicher und auch sicherer gestaltet. Pop up-Radwege schaffen mehr Sicherheit, aber noch immer ist’s ein abenteuerliches Wagnis in Berlin-Neukölln mit dem Rad unterwegs zu sein. Falschparker:innen, zugestellte Radwege, der Hang zum riskanten Regelverstoß, aggressive, soziale Verwahrlosung und blecherner Sozialdarwinismus stressen mutige Radfahrende in ganz Berlin ungemein.

Mehr Autokorrektur wagen: Gewinnt SPD Abstand zur Autogerechtigkeit?

“Also müssen wir hier Lösungen finden, die auf der Hermannstraße so aussehen werden: Eine Fahrspur, eine Radspur, Lieferzonen, die nachts Parkplätze sind. Der Umbau erfordert an manchen Stellen planerischen Aufwand.” (Marko Preuß, SPD, NK)

Der normalisierte, kollektiv klimaschädliche Autowahnsinn kostete 2020 19 fahrradfahrenden Radverkehr-Teilnehmerinnen das Leben. Viele wurden von abbiegenden LKW-Fahrenden übersehen und erfasst. Rund 100 Menschen nahmen am Donnerstag an der Oderstraße an einer Gedenk-Kundgebung zu Ehren der getöteten Radfahrerin teil. Auch dieses Mal kostete ein PS-starker LKW einer Verkehrsteilnehmerin auf einem ungeschützten Rad das Leben: “Wir kämpfen für ein Neukölln, in dem die Schwächsten geschützt werden. Wir hören nicht auf, unsere Forderungen vorzubringen”, schreibt die Bürgerinitiative “Hermannstraße für Alle” auf Twitter vormittags in Richtung Martin Hikel: “Hoffentlich folgen auf Worte schnell Taten.”

Und schon am am 23.März 21 sensibilisiert Polizei die Schwächsten!

Neukölln: Lebensgefährliche soziale Verwahrlosung im Stadtverkehr

https://twitter.com/lara_eck/status/1372952895994396677

 

56. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Neukölln

Viel Autogerechtigkeit: Keine freie Fahrt für freie Bürger:innen

Twitter-Debatten: Normalisierter Autowahnsinn bröckelt deutschlandweit

“Es geht aber um die Umverteilung von Platz in der Stadt! Und das tut eben weh. Diese Harmonie-Ding von Franziska Giffey (SPD) funktioniert so nicht. Und U-Bahnen bauen dauert ewig und löst deshalb noch keine Probleme. Aber wir werden ja sehen, wer euch im Herbst dafür dann wählt.”

https://twitter.com/berlin_radler/status/1373006132730601484

https://twitter.com/autofreieKieze/status/1371427574061096965

https://twitter.com/berlin_radler/status/1372808017465409538

https://twitter.com/marq_us/status/1372643127849279493

https://twitter.com/RobbyTipps/status/1372610406120837120

https://twitter.com/MonikaHerrmann1/status/1372313465969377292

https://twitter.com/berlin_radler/status/1372492717901688832

In ganz Deutschland ist die Situation nicht besser: Beispiel Wiesbaden

About Reiserobby

Robert Niedermeier, Journalist (Reise, Lebensart (Food), Gesellschaft)
This entry was posted in Blogbuch and tagged , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , . Bookmark the permalink.

One Response to Radverkehr in Berlin-Neukölln ist ein Risiko

  1. […] alle und anderen Akteuren fand im April endlich eine Bezirksratsversammlung (Ratssitzung) zum Thema Radverkehr in Neukölln mit Bezirksbürgermeister Martin Hikel statt und er versprach, dass die Hermannstraße noch 2021 […]

Schreibe einen Kommentar zu Hermannstraße bleibt Todesstreifen: kein Radweg trotz Lebensgefahr – Niedergemeiert.de Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert