Das Szenario hat eine Homogurke von queer.de verdient: Ein Homomann mit modernisierter Röhm-Frisur redet im deutschen Fernsehen der Konversations-Therapie das Wort. Zu Sehen und Hören bekam man das im HR-Fernsehen unter dem inkriminierenden Titel “Die Last mit der schwulen Lust”. (Update siehe unten…)
In der von Meinard Schmidt-Degenhard paternalistisch moderierten Ausgabe der religiösen Fernsehsendung ‘Horizonte’ darf sich der katholisch ausgebildete Theologe, Rechtspopulist & Islamgegner Dr. David Berger frank und frei für christlich fundamentalistisch motivierte Homo-Heilungen aussprechen. “Entscheidend ist, dass er am Ende glücklich sein kann mit der Situation” relativiert der Blogger im Studio-Interview wohlwollend verharmlosend die in einem Einspieler vorgestellte Konversionstherapie zur “Heilung” homosexueller “Verhaltensmuster”.
Scheinbar ‘erfolgreich’ angewandt wurde die Reparativ-Therapie an einem anonymisierten bisexuellen Mann. Statt die fragwürdige “Umpolung” hin zur reinen Heterosexualität zu kritisieren, gibt Berger lächelnd den Zyniker zum Besten: “Entscheidend ist, dass er wirklich am Ende sagen kann: Ich bin glücklich mit der Situation. Mich ganz persönlich befriedigt das, und ich mach nicht etwas im Bereich der Sexualität und der Liebe, weil es so vorgeschrieben ist.”
Ein typischer Berger-Satz mit eingebautem Seitenhieb. Berger denunziert queere Aktivistinnen* – ähnlich wie Kelle, Petry oder van Storch das auf politischer Bühne tun – als linke “Gender-Ideologen” und unterstellt emanzipatorischen Vertretergruppen fortdauernd, der Mehrheitsgesellschaft ihre Vorstellungen von “politisch korrekter” Sexualität “diktatorisch” vorschreiben und unter Zwang aufdrängen zu wollen. Der Horizonte-Moderator lässt Berger gewähren, der (internalisierte) Homophobie somit als Ausdruck freier vielfältiger Liebe gutheißt.
Zuvor propagiert der neorechte, homophile Dr. Berger in der selben latent bis offen schwulen- und islamfeindlich zusammengeschusterten Religionsstunde, die Überlegenheit der christlichen “Kultur” gegenüber “zurückgebliebenen” Ländern mit mehrheitlich muslimischer Bevölkerung. Korrekt stellt er seiner Rede die “reziproke Kausalität” von Kultur und Religion voran. Entgleist jedoch flugs ins Gefilde von hanebüchenen Unterstellungen. Abwertend pauschalierende Worthülsen schmücken durchweg rechtsgestrickte Vorurteile, die Berger scheinheilig besorgt vorträgt.
Erneut klimpert der “weiße Mittelstandschwule” Dr. David Berger unwidersprochen die chauvinistische Klaviatur von Neo-Rassisten. Als Islamkritik getarnt, werfen sie Begriffe wie Kultur, Religion, Länder (Staaten) und Werte bewusst durcheinander, klammern soziale und politische Parameter aus, um mit monokausalen Pseudoargumenten unterfütterte Hetze als legitime Meinungsäußerung in der “Mitte der Gesellschaft” feilzubieten. Das Öffentlich-Rechtliche Fernsehen kauft den hämischen Unfug auch noch als Expertenmeinung ab. In derselben Sendereihe durfte sich übrigens schon die stolz homophobe Katholiken-Karikatur Matthias Matussek innerhalb der ARD-Themenwoche TOLERANZ äußern. Ganz schön verstrahlt.
Der Publizist Christian Nürnberger warnt Deutschlands Talkshow-Redaktionen davor, rechtsradikale Hetzer durch eine…
Posted by kress on Montag, 19. Oktober 2015
P.S. Der Queer.de-Chefredakteur teilte mir mit, Berger sei bloß der schlechten Regie zum Opfer gefallen. Ist eine Homo-Gurke zu viel der Aufmerksamkeit? Ja, mag sein. P.P.S. Der Skandal ist auch, dass die Horizonte-Redaktion die “Therapie” nicht einmal beim Namen nennt, und Berger lässt sich da zum Hofschwulen der Homophoben (die ja nur barmherzig helfen wollen) degradieren.
Update: Dr. David Berger feiert Marcels “perversen” Demo für alle-Auftritt
Das renommierte LGBT-Portal Queer.de war in Stuttgart auf der von Rechtsextremen und Christ-Fundis organisierten Demo für Alle der fanatischen Bildungsplan-Gegner vor Ort: >Marcels Gruppe Homosexueller, die zur Enthaltsamkeit “gefunden” haben, ist die “Bruderschaft des Weges” – das neueste Projekt von Markus Hoffmann, seines Zeichens Homo-“Heiler” von “Wüstenstrom”. Das ist schon schlimm genug, gerade für Marcel, aber die Reaktionen darauf waren bedrückender: “Toll, dass er den richtigen Weg gefunden hat”, sagte die Frau neben einem. Viele ähnliche Kommentare waren zu hören, auch: “Wären doch nur alle so.” Als Demo-Organisatorin Hedwig von Beverfoerde Marcels “Mut zu diesem öffentlichen Bekenntnis” lobte, bekam er Beifall, auf den er sehr gerührt reagierte.> Weiterlesen auf Queer.de Dr. David Berger indes blökt als “Schaf” mit den “Wölfen” und veröffentlicht am 18.10.2015 auf seinem rechtstradikalen, den Machern von Pi.News, der AfD und der christlich-fundamentalistischen Homohasser-Seite ‘Charismatismus’ nahestehendem Blog: >Auf der jüngsten „Demo für alle“ ist auch ein homosexueller Mann aufgetreten. Was er zu sagen hat, wird viele Schwule und Lesben, aber auch viele Homophobe schockieren. Wieviel Platz ist unter dem Regenbogen? Marcel ist Mitglied der ökumenischen Bruderschaft des Weges: schwule Männer, die ihre Homosexualität aus Überzeugungsgründen nicht ausleben wollen. Er spricht auf der Kundgebung der Demo für Alle auf dem Stuttgarter Schillerplatz, erzählt von seiner Ansicht auf die Ursachen seines homosexuellen Verlangens. Und setzt damit – unter dem Applaus der „Demonstranten für alle“ einen Kontrapunkt zu dem, was als allgemein anerkannte Lehre in der organisierten LGBT-Society gilt.<
Wie viel Platz ist unterm Regenbogen? Nein, braun ist keine Regenbogenfarbe
Queer.de-Chefredakteur Norbert Blech zeigte sich natürlich weniger begeistert, ob der “widerwärtigen” Homoheiler-Propaganda-Show von Stuttgart: >So war von Beverfoerde ein neuer Coup gelungen: Nun klatscht die Menge schon, wenn Menschen, die offensichtlich dringend einen selbstbewussten Umgang mit ihrer sexuellen Orientierung finden müssen, stolz darauf sind, diese zu unterdrücken. Diese makabre Version eines öffentlichen Coming-outs ist vielleicht der perverseste Moment in rund zwei Jahren Anti-Bildungsplan-Bewegung. Und er zeigt, dass dieser Kampf immer schwieriger, immer verzettelter werden wird. Die Antwort ist dennoch einfach: Kein Bildungsplan zwingt jemanden, hetero- oder homosexuell zu sein. Aber er ermöglicht vielen Menschen, ihre jeweilige Orientierung zu entdecken und diese selbstbewusst zu leben.< Weiterlesen auf Queer.de
Zur ARD-Mediathek: Horizonte (HR)
ARD-Mediathek: Ist der Islam homophober als andere Weltreligionen? Geht es Schwulen in Deutschland wirklich so wie Schwarzen in der Zeit der Apartheid? Spannende Fragen im Talk – mit mir als Gast im Studio
Posted by David Berger on Sonntag, 12. Juli 2015
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Aus der Sendung: Mitschrift und Interpretation mit freundlicher Genehmigung von Fg68at
Beitrag “Geheilter” – Bericht: Marco Giacopuzzi, Kamera: Joel Hess, Schnitt: Iannis Mantatzis (nach den Örtlichkeiten wurde das anders geschnitten schon einmal gesendet glaub ich. Oder zumindest dieselbe Person) 11:55 – 15:51
Es war kein “evangelikaler Hokuspokus”, sprich es war keine charismatische Heilung. [Nicht alle evangelikalen sind charismatisch.] Von ihm vermutete Ursache: An Fasching steckten ihn seine Eltern in Mädchenkleider = “das Trauma” für die reparative Therapie, Schritt für Schritt da einiges aufarbeiten konnte, und dass man in die Tiefe gegangen ist, in die Tiefe des “Identitätskonfliktes”. Dass es eine Störung ist wurde nicht in den Mund genommen.
“Die Sexualität wurde gar nicht sooo thematisiert, sondern einfach andere Verhaltensweisen, die man eben auch ändern kann. Fokus auf: Wie geh ich mit mir um. Was liegt eigentlich dem homosexuellen Empfinden zu Grunde. Also ich kenne es halt vom mir auch, dass es so ist, wenn ich mich schlecht fühle, wenn ich verletzt wurde von irgend etwas oder irgend jemanden, oder es sich zumindest so anfühlt, dass dann diese Neigung einfach mehr Raum hat, dass ich dann stärker wieder attraktive Männer sehe. Die Wahrnehmung ändert sich deswegen. Wenn es mir sehr sehr gut geht, mittlerweile hat sich das irgendwie so entwickelt, sehe ich auch viele attraktive Frauen.”
Wegbeten kann er sich nicht vorstellen. Hilfe von oben, aber man muss sich selbst auch immer wieder seinem Problem stellen. “Wenn es fachlich gut gemacht ist, da hatte ich halt Glück, dass das bei mir der Fall war.”
Religion wichtig geworden im Gegensatz zu früher? “Ich hab vielleicht auch eine Verweigerung, der Gabe des …, selbst was eigentlich Gott mit einem vor hat. Weil eben schon, da bin ich jetzt ganz sicher, mittlerweile schon, den Menschen als Mann und als Frau geschaffen hat, und dass in dieser Spannung, dass da sich das Menschsein auch entfalten kann. / Ich denke schon, dass man da die Bibel auch ernst nehmen muss und ich denke dass sie schon … dass diese Gebote es nicht zu tun irgendwie auch was … ja .. Gutes sind.”
Diagnose: Reparative Therapie in Reinkultur. Es wurde ein Trauma gefunden, deshalb hat er einen Identitätskonflikt, braucht Männer als “Reparatur” seiner nicht ganz männlichen Identität, “will sie immer wenn er sich verletzt fühlt”, Wenn es ihm gut geht kann er es unterdrücken und seine xx% heterosexuellen Anteile hervorkramen. Wenn er wieder auf Männer schaut, dann sucht er nach dem verletzenden Auslöser. Gleichgeschlechtliche Gefühle hat er noch immer. Er ist nicht (selbstbewusst) schwul, aber er hat noch immer “homosexuelle Tendenzen” würde der Katholik sagen.
Moderator&Berger: 15:51 – 17:00
Moderator: Herr Berger, die letzte Geschichte von dem jungen Mann, der gesagt hat es wurde ihm geholfen durchs beten, er hat gelitten unter seiner Homosexualität, ist das nicht ganz legitim, er fühlt sich jetzt freier, besser.
Berger: Ja, natürlich, das gibt es ja umgekehrt auch. Das heißt es gibt “heterosexuelle Menschen” die bisher heterosexuell gelebt haben, und ihr Schwulsein entdecken und sich danach wohler fühlen.
Warum soll es das nicht umgekehrt auch geben, dass jemand angenommen hat, dass er homosexuell ist, dass er schwulen Sex hatte, damit aber nicht glücklich geworden ist, und jetzt glücklich ist.
Entscheidend ist, dass er wirklich am Ende sagen kann: Ich bin glücklich mit der Situation. Mich ganz persönlich befriedigt das, und ich mach nicht etwas im Bereich der Sexualität und der Liebe weil es so vorgeschrieben ist.
Wir haben eben gerade bei den Homoheilern auch andere Beispiele, wo Menschen psychisch daran zugrunde gegangen sind, wo sie zu Tode geheilt worden sind, am Ende des Selbstmords dieses Menschens stand. Von da her, denke ich mir, muss man diesen Bereich sehr vorsichtig anschauen, kann aber nicht grundsätzlich sagen: Also wenn jemand vom vorgeblich “schwulen Mann” zum Heterosexuellen wird ist das ne Katastrophe. Warum sollte das so sein?